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Die Redation im Gespräch

Machine-Learning in der Automatisierung – wo stehen wir?

15.11.2024
von Redaktion INDUSTRIELLE AUTOMATION
Die Redation im Gespräch - Machine-Learning in der Automatisierung – wo stehen wir?

Nicole Steinicke: KI und Machine Learning (ML) ermöglichen es beispielsweise, das Fehlverhalten von industriellen Maschinen früh zu erkennen. Doch was heißt das für die Praxis und wie lässt sich das für die Umsetzung erforderliche Wissen erwerben?

Dr.-Ing. Carlos Paiz Gatica: Dies gelingt am besten, indem wir Ingenieuren Werkzeuge an die Hand geben, um selbstständig Machine-Learning-Lösungen zu entwickeln, für die sie keine tiefgreifenden Data-Science-Kenntnisse benötigen. Dazu haben wir den Prozess der Modellentwicklung so abstrahiert und automatisiert, dass Ingenieure sich auf das konzentrieren können, was sie am besten können: das Verständnis ihrer Maschinen und Prozesse. Die technischen Aspekte der Modellbildung übernimmt unser Tool, der ModelBuilder. Dies gilt natürlich nicht nur für die Modellerstellung, sondern auch für die Nutzung eines ML-Modells. Es muss genauso einfach sein, ein ML-Modell in die Anwendung zu bringen, unabhängig davon, ob die Zielplattform in der Cloud oder in der Maschinensteuerung liegt.

Nicole Steinicke: Worin sehen Sie die größten Herausforderungen in der Implementierung von KI- und ML-Analysemodellen in der Industrie?

Dr.-Ing. Carlos Paiz Gatica: Obwohl Maschinen und Anlagen eine große Menge an Daten erzeugen, werden diese oft nicht gespeichert, da es bisher keinen konkreten Bedarf dafür gab. Das bedeutet, dass die Datenverfügbarkeit für viele Unternehmen die erste Herausforderung ist, um maschinelles Lernen nutzen zu können. Darüber hinaus erfordert die Nutzung dieser Daten Data-Science-Expertise, und es mangelt an Datenwissenschaftlern, um die Anforderungen der Industrie abzudecken.

Selbst wenn Unternehmen bereits Daten sammeln und Datenwissenschaftler beschäftigen, ist für die Erstellung eines ML-Modells Domänenwissen unerlässlich. Aspekte wie die richtige Auswahl an Sensordaten für ein spezifisches Überwachungsziel oder die effiziente Vorverarbeitung der Sensordaten hängen oft von tiefgehenden Maschinen- oder Prozesskenntnissen ab – je nach Anwendungsfall. Zusätzlich erfordert der Einsatz von maschinellem Lernen in industriellen Anwendungen eine hohe Stabilität, Sicherheit und Wartbarkeit der Lösung. Es reicht nicht aus, lediglich für eine Maschine ein hochperformantes ML-Modell zu entwickeln. Unternehmen benötigen industrielle Produkte, die es ermöglichen, das Modell in Automatisierungssysteme zu integrieren und das Management des Modell-Lebenszyklus mit minimalem Aufwand für möglichst viele Maschinen umzusetzen.

Nicole Steinicke: Welchen Weg verfolgen Sie bei Weidmüller, wenn wir an Automated Machine Learning denken und was zeichnet Ihre Lösungen edgeML beziehungsweise AutoML aus?

Dr.-Ing. Carlos Paiz Gatica: Mit AutoML und edgeML stellen wir den industriellen Anwender in den Vordergrund: Machine Learning wird zu einem weiteren Werkzeug im Werkzeugkasten. Der Einsatz dieser Technologie erfordert weder Data-Science-Kenntnisse noch komplexe Programmieraufgaben. Wir verfolgen einen No-Code-Ansatz sowohl für die Erstellung als auch für die Nutzung und Verwaltung von ML-Modellen – sei es in der Cloud oder „on-the-edge“.

Mit dem AutoML ModelBuilder können Maschinen- oder Prozessexperten in wenigen einfachen Schritten eigenständig ML-Modelle erstellen, bewerten und validieren – und das ganz ohne Data-Science-Wissen. Mit ModelRuntime kann der Anwender die Modelle in einer Cloud-Umgebung importieren und nutzen. Live-Sensordaten können entweder in einer Datenbank zwischengespeichert oder per REST-API übertragen werden. Die Modellergebnisse können ebenfalls abgerufen und zur Erstellung von Dashboards, Warnungen oder Benachrichtigungen verwendet werden.

Mit edgeML bieten wir nun die Möglichkeit, ML-Modelle direkt in die Automatisierung zu integrieren, auch hier ohne die übliche Komplexität eines Data-Science-Projekts. Das Produkt verfolgt ebenfalls einen No-Code-Ansatz und ermöglicht den reibungslosen Austausch von alten ML-Modellen, ohne dass Einstellungen geändert werden müssen.

Nicole Steinicke: Welche sind nun die aus Ihrer Sicht wichtigsten Faktoren für eine erfolgreiche Einführung von KI und ML im Umfeld der smarten Fabrik?

Dr.-Ing. Carlos Paiz Gatica: Ohne eine klare Strategie und eine entsprechende Organisationsstruktur, die diese Strategie umsetzt, können Unternehmen über die Phase von Proof of Concepts hinaus nicht viel erreichen. Daher sehe ich diese beiden Faktoren als entscheidend für eine nachhaltige und profitable Nutzung von Machine Learning in Unternehmen. Technologisch gesehen benötigen Unternehmen industrielle Lösungen, die sich nahtlos in bestehende Systeme integrieren lassen und von bestehenden Teams genutzt werden können. Aspekte wie Skalierbarkeit und Lebenszyklus­management spielen ebenfalls eine große Rolle. Darauf haben wir bei der Entwicklung unserer Machine-Learning- und Softwareprodukte großen Wert gelegt.

Auf dem Bild: Dr.-Ing. Carlos Paiz Gatica, Product Owner Industrial Analytics, Weidmüller, Paderborn

Die Fragen stellte Dipl.-Ing. Nicole Steinicke

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