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3D-Behälterprüfung

Vier „Augen“ sehen mehr als zwei

22.11.2023
von Redaktion INDUSTRIELLE AUTOMATION

Durch die Kombination mit Bildverarbeitung werden Industrieroboter zu „sehenden“ und zuverlässigen Unterstützern des Menschen. Ein Automobilhersteller macht sich dies zur Verbesserung der Taktzeit seiner Presslinien zu nutze. Gemeinsam mit diesem entwickelte VMT Vision Machine Technic Bildverarbeitungssysteme das roboterbasierte 3D-Messsystem FrameSense für die vollautomatische Be- und Entladung von Containern. Vier Ensenso 3D-Kameras von IDS Imaging Development Systems liefern die Basisdaten und damit die Grundlage für die Prozessautomatisierung.

Der eigentliche Arbeitsablauf, der mit Hilfe von FrameSense automatisiert werden soll, ist Teil vieler Fertigungsvorgänge. Ein Bauteil kommt aus einer Maschine – hier einer Presse – und läuft auf einem Förderband zu einem Behälter. Dort wird es eingestapelt. Sobald der Container voll ist, wird es damit zum nächsten Produktionsschritt, zum Beispiel der Montage in ein Fahrzeug, weitertransportiert.

Das Einsetzen in den Behälter übernahmen bisher Mitarbeitende. Diese eigentlich simple Teilaufgabe ist komplexer, als auf den ersten Blick vermutet. Neben dem eigentlichen Einsetzvorgang muss zunächst der passende freie Platz für das Teil bestimmt werden. Gleichzeitig müssen eventuelle Störfaktoren, wie Verriegelungen, beseitigt und eine generelle Kontrolle der „Ladekiste“ auf eventuelle Defekte vorgenommen werden.

All diese Aufgaben soll nun ein Roboter mit Vision-System übernehmen – eine technologische Herausforderung. Denn die Behälter stammen zusätzlich von verschiedenen Herstellern, sind von unterschiedlichem Typ und variieren damit teilweise in ihren Dimensionen.

Typen-, Form- und Positionsprüfung mit Hilfe von vier 3D-Kameras

Beim Einsetzen der Bauteile in die Kammleisten der Gestelle müssen die Roboter millimetergenau arbeiten

Zu ihrer vollautomatischen Be- und Entladung muss also die Position mehrerer relevanter Merkmale der Container für eine sogenannte Multivektorkorrektur des Roboters bestimmt werden. Grundlage ist eine Typen-, Form- und Positionsprüfung des jeweiligen Behälters. Nur so kann eine prozesssichere und kollisionsfreie Bahnführung des Beladeroboters gewährleistet werden. All dies muss in den bestehenden Produktionsablauf integriert werden. Zeitliche Verzögerungen müssen ausgeschlossen werden und die Positionierung der Bauteile muss millimetergenau erfolgen.

Um dem zu begegnen, nutzt VMT gleich vier 3D-Kameras pro System. Die vier Sensoren nehmen je einen Teil des gesamten Bildfeldes auf. Dieses kann aus zwei Containern mit Maßen von je etwa 1,5 × 2 × 1,5 m (T × B × H) bestehen. Dabei schauen stets zwei der Kameras auf einen Behälter. So ergeben sich Daten aus je zwei Perspektiven für einen höheren Informationsgehalt der 3D-Punktewolke. Diese Punktewolken aller vier Sensoren werden für die anschließende Auswertung kombiniert. Dabei finden in Regions of Interest (ROIs) der Gesamtpunktewolke Registrierungen relevanter Merkmale des Containers statt. Eine Registrierung ist die genaue Positionsbestimmung eines Merkmals anhand eines Modells in allen sechs Freiheitsgraden. In anderen ROIs wird nach Störkonturen gesucht, welche beim Beladen zu Kollisionen führen könnten. Abschließend wird das Gesamtbild mit einem hinterlegten Referenzmodell verglichen. So lassen sich die Behälter gleichzeitig vollautomatisiert auf ihren Zustand und ihre Lage prüfen. Auch verformt angelieferte oder schräg positionierte Container können bearbeitet werden. All diese Informationen werden zudem für die Nutzung in einem Qualitätsmanagementsystem erfasst, in dem der Zustand aller Container rückverfolgt werden kann. Die Kalibrierung sowie die Zusammenführung der Messdaten und ihre anschließende Auswertung erfolgen in einem eigenen IPC (Industriecomputer) mit Bildschirm-Visualisierung, Bedienelementen sowie Anbindung an die jeweilige Robotersteuerung.

Das Hauptergebnis der Bildverarbeitungslösung ist die Multivektorkorrektur. Dabei wird der Roboter so korrigiert, dass er das Bauteil an der nächstmöglichen, passenden Ablageposition einsetzten kann. Nebenergebnisse sind Fehlermeldungen aufgrund von Störkanten oder -objekten im Container, die das Befüllen verhindern würden. Beschädigte Behälter, die einen zu schlechten Allgemeinzustand aufweisen, können mit Hilfe der Daten erkannt und aussortiert werden. Die gesamte Bildverarbeitung findet in der durch VMT entwickelten Bildverarbeitungssoftware Multi Sensor Systems (MSS) statt. FrameSense ist so konzipiert, dass es einfach zu bedienen und auch direkt vor Ort auf andere Bauteile umrüstbar ist.

Robustes 3D-Kamerasystem

Unterstützt durch einen lichtstarken Projektor projiziert die Kamera kontrastreiche Texturen auf das abzubildende Objekt

Kameraseitig setzt VMT auf Ensenso 3D-Kameras – zunächst auf das Modell X36. Die aktuelle Ausbaustufe von FrameSense wird mit der Ensenso C Variante ausgestattet. Die Gründe für den Umstieg liegen vor allem in der – dank eines neuen Projektionsverfahrens – besseren Projektorleistung sowie einer höheren Aufnahmegeschwindigkeit. Zusätzlich ermöglicht die Ensenso C ein größeres Messvolumen. Ein wichtiges Kriterium für FrameSense, denn der Roboter kommt nur bis zu einem bestimmten Abstand an die zu befüllenden Behälter heran. Die Spezifikationen der Ensenso C entsprechen damit genau den Anforderungen von VMT, wie Projektleiter und Technologiemanager Andreas Redekop erläutert: „Eine hohe Projektorleistung und Auflösung zusammen mit einer schnellen Datenverarbeitung waren unsere technischen Hauptkriterien bei der Kameraauswahl. Der Verbau in einem festen Gehäuse war zudem auch von Vorteil.“

Die Ensenso C adressiert aktuelle Herausforderungen in der Automatisierungs- und Robotikindustrie. Im Vergleich zu anderen Ensenso-Modellen liefert sie sowohl 3D- als auch RGB-Farbinformationen. Anwender profitieren damit von noch aussagekräftigeren Bilddaten. Das Gehäuse des robusten 3D-Kamerasystems erfüllt die Voraussetzungen der Schutzklasse IP65/67. Es bietet eine Auflösung von 5 MP und ist mit Baselines von aktuell bis ca. 455 mm erhältlich. Damit können auch große Objekte zuverlässig erfasst werden. Die Kamera ist schnell und einfach einsatzbereit und adressiert vor allem großvolumige Anwendungen zum Beispiel in der Medizintechnik, Logistik oder Fabrikautomatisierung.

Ausblick

Durch das automatische Be- und Entladen von Containern und die integrierte 3D-Behälterprüfung lassen sich mit Hilfe von FrameSense Handarbeitsplätze automatisieren. Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels kann das System also einen wichtigen Beitrag zur Prozessautomatisierung, unter anderem in der Automobilindustrie, leisten. Es begegnet damit den vorherrschenden Herausforderungen der Industrie. Die Ensenso C bietet dafür die entscheidende Grundlage zur Datenerzeugung und übertrifft die Anforderungen vieler Applikationen. Lukas Neumann aus dem Produktmanagement sieht deren Mehrwert besonders hier: „Die hohe Projektorleistung und große Sensorauflösungen sind vor allem im Bereich der Intralogistik vorteilhaft. Hier müssen aus einer großen Distanz mit einem großen Messvolumen hochpräzise Bauteile gegriffen werden.“ Für andere Entstapel- oder Bin-Picking-Applikationen in der klassischen Logistik könnte er sich eine ähnliche Kamera mit hoher Projektorleistung, aber geringerer Auflösung und schneller Aufnahme vorstellen. Weiteren Entwicklungen und Automatisierungslösungen in Verbindung mit „sehenden” Robotern steht also nichts im Wege.

Autorin: Sabine Terrasi, Referentin Unternehmenskommunikation, IDS Imaging Development Systems GmbH

Bildquelle: VMT/IDS

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